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Alltag im Hospiz – Berit Darmann erzählt

Alltag im Hospiz – Berit Darmann erzählt

Wie verläuft der Alltag in einem Hospiz?

Steckbrief: Berit Darmann verfügt über ein erfolgreich abgeschlossenes Studium im Bereich Pflegeentwicklung und Management und ist zudem examinierte Krankenschwester sowie Pflegeberaterin. Seit 2017 ist Frau Darmann als Kundenberaterin bei Pflege zu Hause Küffel tätig und unterstützte für vier Jahre ein Hospiz im Hamburger Westen.

Frage: Frau Darmann, sie haben regelmäßig in einem Hospiz gearbeitet und bereits alle Facetten des Lebens und Sterbens in einer solchen Einrichtung kennengelernt. Wie würden Sie mit einfachen Worten den Spagat zwischen Sterbebegleitung und das Mut machen (der Angehörigen) beschreiben?

Es ist gar nicht so leicht den Mittelweg für jeden einzelnen Gast und seine Angehörigen zu finden. Viele Gäste kommen ins Hospiz und wissen ganz genau, welchem Zweck ihr Aufenthalt dort dient. Das ist vielen Angehörigen häufig noch gar nicht so bewusst. Manchmal findet man dieses Prinzip aber auch genau andersrum vor. Hier helfen nur intensive Gespräche, sowohl mit dem Gast als auch mit den Angehörigen, um herauszufinden, inwieweit der Gast die Situation schon erfassen und einschätzen kann. In diesen Gesprächen lernt man dann auch, welchen Weg man sprachlich einschlagen sollte. Das können offene Gespräche über das Sterben und den Tod (und vielleicht auch über das „Danach“) sein oder aber das Mut machen, dass dieser Ort genau der Richtige für den Gast und seine Angehörigen ist.

Frage: Viele Menschen verbinden mit einem Hospiz Schmerzen, Angst, Trauer und eine durchweg getrübte Stimmung, die sich wie ein Schleier auf die Atmosphäre legt. Sind diese dunklen Gedanken begründet?

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich Ihnen versichern, dass ein Hospiz ein wunderbarer Ort für gemeinsames Lachen, schöne Erinnerungen und auch fröhliche Gedanken sein kann. Viele Gäste und Angehörige sind sogar dankbar, wenn man ihnen zeigt, dass Lachen im Hospiz kein Tabu ist und sich manchen Situationen, mit der richtigen Portion Humor, sogar etwas Positives abgewinnen lässt. Natürlich ist ein Hospiz aber auch ein Ort für Trauer, denn schließlich endet hier der Weg eines geliebten Menschen. Jedoch muss man diesen Weg nicht alleine gehen. Beistand erhält man von allen Mitarbeitern des Hospizes, aber vor allem von den professionell Pflegenden in den Einrichtungen.

Weiterhin möchte ich auch gerne eine Angst nehmen. Schmerzen muss im Hospiz niemand haben. Zusammen mit den Palliativ-Ärzten wird eine optimale Dosierung von Schmerzmitteln erarbeitet und auch konsequent angewandt. Die Pflegekräfte im Hospiz sind speziell geschult, auch nonverbale Zeichen von Schmerz zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Sollte ihr lieber Angehöriger also nicht mehr in der Lage sein, sich verbal auszudrücken, ob es ihm gerade nicht gut geht, können Sie gewiss sein, dass die Pflegekräfte vor Ort dies erkennen und er keine Schmerzen haben wird.

Frage: Wie gibt man, Ihrer Meinung nach, schwerkranken Menschen am besten mehr Lebensqualität?

Zunächst einmal ist es für uns Pflegende wichtig zu wissen, was für den Gast Lebensqualität bedeutet. Für manch einen sind es angenehme Gerüche, bestimmtes Essen oder Getränke (der Rotwein am Abend oder das kalte Bier zum Fußball ist im Hospiz nicht verboten). Auch stets geliebte Musik kann manch einem Gast noch ein Lächeln abgewinnen. Für andere ist es vielleicht das Tragen der eigenen Kleidung trotz Pflegebedürftigkeit oder das Anlegen von Make-Up, weil es seit Jahr und Tag für diesem Menschen einfach dazu gehört. Manche Gäste genießen es, dass sie, solange es noch geht ihre Zigarette rauchen können.

Zudem besteht die Möglichkeit, dass Angehörige Zeit mit dem Gast verbringen können, beispielsweise durch Übernachtung im Hospiz. Ich habe viele Gäste und ihre Angehörigen erlebt, die ihren Alltag ins Hospiz übertragen konnten und z. B. morgens nach dem gemeinsamen Frühstück zusammen die Zeitung studiert haben. Auch ist in den meisten Hospizen das Mitbringen von Haustieren gestattet. Für viele Gäste ist es ein echtes Highlight, den eigenen Hund oder geliebte Katze noch einmal streicheln zu können.

Die Möglichkeiten für Lebensqualität sind somit sehr vielfältig. Wenn es dann aber auf das Ende zu geht, sind meistens die körperlichen Bedürfnisse im Vordergrund. Hier ist vor allem die Pflege der Mundschleimhaut ganz wichtig, weil häufig Flüssigkeit nicht mehr oral aufgenommen bzw. nicht geschluckt werden kann.

Frage: Gibt es einen Weg wie sich Angehörige am besten auf den Abschied vorbereiten können?

Es gibt hier kein Patentrezept, welches für jeden passt. Auch Angehörige durchleben die verschiedenen Phasen des Abschiednehmens mehr oder weniger deutlich. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass man vielleicht sehr emotionale Ausbrüche nicht persönlich nehmen sollte, sondern es zur Trauerarbeit zählt. Aus meiner Arbeit habe ich gelernt, dass eine Akzeptanz auf beiden Seiten für das Sterben, den Weg dahin leichter macht.

Frage: Sie haben bereits viele Menschen bei ihrer letzten Reise begleitet. Gibt es ihrer Meinung nach auch ein schönes Sterben?

Definitiv, ja. Auch wenn das Sterben bei jedem Gast individuell verläuft, sieht man nach dem Tod häufig ein leichtes Lächeln im Gesicht des Gastes. Manch ein Gast nutzt den Augenblick, wenn sich die Angehörigen gerade in der Küche einen neuen Kaffee holen oder für einen kurzen Spaziergang vor die Tür möchten. Manch ein Gast wartet noch auf den Sohn oder die Tochter, welche weit entfernt leben und nun endlich da sind. Vielen Gästen sieht man dann die Erlösung und den nun gefunden Frieden sehr schön an.

Frage: Können Sie mit wenigen Worten das Leben und Sterben in einem Hospiz beschreiben?

Das Leben und das Sterben findet im Hospiz sein eigenes Tempo. Vieles entschleunigt sich und vieles ist nicht mehr so wichtig. Man lernt wieder, schöne Augenblicke zu genießen.

Frage: Wenn Sie persönlich in eine Situation geraten, in der sie bald Abschied von einem geliebten Menschen nehmen müssen, würden sie sich für Ihre Angehörigen das Sterben im Hospiz, im Krankenhaus oder im eigenen Heim wünschen?

Solange es geht, würde ich die Betreuung zu Hause ermöglichen. Jedoch bin ich auch Realist genug zu wissen, dass dies seine Grenzen hat. Ein Umzug ins Hospiz wäre für mich danach die einzig vorstellbare Lösung. Ich weiß, dass die Mitarbeiter dort für meinen Angehörigen die bestmögliche Versorgung gewährleisten können. Und mir ist es persönlich wichtig, dass meine Angehörigen eine angenehme und würdevolle letzte Zeit haben und nicht in der Kälte und Anonymität eines Klinikalltages untergehen.

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