Wie werden Pflegebedürftigkeit und Pflegegrad festgestellt?
Pflegebedürftigkeit – Definition
Laut § 14 Abs. 1 SGB XI sind Personen pflegebedürftig, „die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich aber für mindestens sechs Monate bestehen und im Rahmen einer Begutachtung durch den MDK festgestellt worden sein.“
Die Pflegebedürftigkeit orientiert sich also daran, wie selbstständig die pflegebedürftige Person ihren Alltag bewältigen kann und wie viel Unterstützung sie dafür benötigt.
Seit dem 01.01.2017 wird die Pflegebedürftigkeit in 5 Pflegegrade unterteilt, welche die bis dahin existierenden Pflegestufen abgelöst haben. Grundlage dafür ist ein neues Begutachtungsinstrument, das den Menschen ganzheitlich mit all seinen Fähigkeiten und Ressourcen erfasst. Nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern auch psychische, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, soziale Kontakte und wie der Alltag gestaltet wird, fließen in die Bewertung mit ein (siehe Abbildung).
Die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit und die Einstufung in einen der 5 Pflegegrade erfolgt durch die Pflegekassen. Unterstützt werden die Kassen durch den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherungen) oder den MEDICPROOF (bei Privatversicherten).
Im Rahmen einer Begutachtung, die zu Hause bei der pflegebedürftigen Person durchgeführt wird, fertigen die Vertreter des MDK oder des MEDICPROOF ein individuelles Gutachten an, das bereits die Empfehlung eines Pflegegrades oder eine Ablehnung beinhaltet.
Welche Pflegegrade gibt es?
So werden die Pflegebedürftigen in die Pflegegrade eingestuft
Der Hilfebedarf und die bestehenden Defizite werden ressourcenorientiert und gemessen an der bestehenden Selbstständigkeit sowie den vorhandenen Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person innerhalb der bestehenden 6 Teilbereiche (Module) ermittelt. In allen 6 Modulen erhält der Pflegebedürftige Punkte, die der MDK im Rahmen seiner Begutachtung vergibt. Allerdings werden die einzelnen Module unterschiedlich gewichtet. Je nach Höhe der erreichten Gesamtpunktzahl wird die pflegebedürftige Person einem der 5 Pflegegrade zugeordnet (siehe folgende Abbildung).
Pflegegrad berechnen: Die Kriterien für die Feststellung des Pflegegrads
Pflegegrad berechnen: Erfahren Sie mehr über die verschiedenen Module zur Feststellung des Pflegegrads!
Wie finde ich das richtige Betreuungskonzept?
Der erste Schritt zur Lösung
Mit der Beantwortung der Frage, welches Betreuungskonzept für Sie geeignet sein könnte, kommen Sie ein gutes Stück weiter, wenn Sie Ihren potenziellen Bedarf an Pflege und Betreuung und Ihre zeitlichen und finanziellen Ressourcen kennen.
Dazu sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Wie viel Betreuung bzw. Pflege ist notwendig?
- Wie viel Zeit können Sie (und andere Familienmitglieder) tatsächlich für die Pflege aufwenden?
- Gibt es ein bestehendes Netzwerk – und kann bei Bedarf darauf zugegriffen werden?
- Welche finanziellen Ressourcen sind vorhanden? Welche generellen Mittel stehen zur Verfügung?
Nehmen Sie sich Zeit, um sich in Ruhe Gedanken über die genannten Fragen zu machen. Denn es ist wichtig, dass Sie sich mit den verschiedenen Betreuungskonzepten intensiv auseinandersetzen. Nur so können Sie entscheiden, welche Betreuungsform für Sie die richtige ist. Sie können wählen zwischen einerseits einer Betreuungsform in häuslicher Atmosphäre, wie betreute Wohngemeinschaften, Hausgemeinschaften, Pflege durch Angehörige, ambulanter Pflegedienst oder einer „24-Stunden-Pflege“ im eigenen Zuhause, und andererseits einer teilstationären oder vollstationären Betreuung bzw. Pflege.
Nähere Informationen zu den möglichen Betreuungsformen erhalten Sie hier.
Die Versorgung und Pflege eines betreuungsbedürftigen Menschen ist eine sehr herausfordernde Aufgabe, an der viele Angehörige früher oder später zu zerbrechen drohen. Die Unterstützung durch eine ausländische Pflegekraft, die mit im Haushalt lebt, trägt entschieden zu einer schnellen Entlastung bei.
Welche Herausforderungen kommen bei der Pflege von Angehörigen auf mich zu?
- Besonders häufig verändert sich durch die häusliche Betreuung die Beziehung zwischen dem Pflegebedürftigen und seinen Angehörigen. So kann sich die Rollenverteilung zwischen Kindern und Eltern umkehren oder die Balance zwischen den Partnern verschieben.
- Aufgrund der emotionalen Nähe zu der pflegebedürftigen Person fällt es zudem meist schwer, Abstand zu nehmen.
- Außerdem werden die eigenen Pläne und Wünsche häufig zurückgestellt oder aufgeschoben, mit der Folge einer körperlichen und seelischen Überforderung.
Überforderung ist ein häufiges Problem
Eine Datenanalyse des Datenbestandes (bis 2016) der BARMER Krankenkasse ergab, dass sich 10 Prozent der pflegenden Angehörigen so stark überlastet fühlen, dass sie kurz davorstehen, die Pflege aufzugeben – nachzulesen im „Pflegereport 2018“. Nur jeder 8. Pflegende ist mit seiner gegenwärtigen Situation zufrieden.
Eine solche dauerhafte Überforderung entsteht auch deshalb, weil pflegende Angehörige häufig noch in anderen Verantwortungsbereichen stehen, um die sie sich kümmern müssen: sei es die Partnerschaft, die Erziehung der Kinder oder die Berufstätigkeit. Die ohnehin oftmals schon knappen zeitlichen Ressourcen lassen so kaum Spielraum für eine Pflege der geliebten Person, die den eigenen Ansprüchen gerecht wird.
Mehrfachbelastung durch Pflege, Job und Familie
Hinzu kommt, dass sich durch den gesellschaftlichen Wandel auch das klassische Familien- und Frauenbild und somit die einst daraus resultierende familiäre Pflegestruktur verändert hat und sich auch weiterhin verändern wird: Viele erwachsene Kinder wohnen nicht mehr in der Nähe ihrer Eltern und können deshalb nur selten vor Ort sein. Immer mehr Frauen sind heutzutage berufstätig – auch in Vollzeit. Sie übernehmen aber trotzdem meist nach wie vor den Großteil der häuslichen Pflege. Sie müssen also Job, Familie und Pflege unter einen Hut bringen – eine Mehrfachbelastung die es früher in der Art nur selten oder gar nicht gab.